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Politische Bildung und Partizipation

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Gestern im Kolloquium hatten wir einen Workshop über Web 2.0 und politische Bildung. Ich möchte gar nicht groß darauf eingehen, was wir alles besprochen haben, sondern lediglich festhalten, welche Fragen mich während des Workshops und danach beschäftigt haben oder immer noch beschäftigen.

Die erste Frage ist, wie man Personen dazu bringen kann, dass sie an politischen Prozessen und Entscheidungen teilhaben (wollen). Ich finde den Ansatz sehr interessant, dass man sie nach und nach zu immer mehr Partizipation führt. Eine Medienunterstützung bietet sich hier an. Anfangen kann man mit kleinen Beiträgen zu Themen, die die Leute unmittelbar betreffen. Bspw. können sie abstimmen oder anonym Probleme melden. In den nächsten Schritten sollte allerdings die Anonymität aufgehoben werden und die Beteiligente sollten sich auch physisch treffen, da vermutlich nur so ein echter Diskurs entstehen kann, der die Vorausstzung für politische Bildung ist. Die Leute sollen auch lernen, mit ihrem Namen für eine Position einzustehen und für diese zu argumentieren. Wie die Zwischenschritte aussehen könnten, das ist mir momentan auch noch nicht so ganz klar. Ich habe versucht, meine Gedanken in einer kleinen Skizze zusammenzufassen.

Die Skizze soll darstellen, wie verschlungen der Weg von einer anynomen, virtuellen Partizipation hin zu einer physischen Diskussion mit Klarnamen sein kann. Welche Zwischenschritte und Hürden auf dem Weg liegen, muss wahrscheinlich immer für den jeweiligen Einzelfall geklärt werden.
Welche Unter-Fragen für mich dabei auch noch eine Rolle spielen sind:

  • Was muss man anbieten, damit sich Leute beteiligen?
  • Wie kann man die Motivation wecken?
  • Welche Fähigkeiten sind an welcher Stelle nötig (bspw. technische Fähigkeiten, Rhetorik, Argumentation etc.)?
  • Wie werden Erfolgserlebnisse, Fortschritte, Lösungen etc. kommuniziert?

Außerdem stellt sich mir noch die Frage, wie wichtig Partizipation überhaupt ist. Wie viele Bürger wollen sich überhaupt beteiligen? Vor allem sollte auch jeder ein Recht auf Nicht-Partizipation haben.

Das nächste große Thema, das mich beschäftigt ist: Bei wem sollte wann, wo und wie politische Bildung ansezten? Wo werden die Grundlagen dafür gelegt? Welche Fähigkeiten werden in welchen Lebensphasen gelehrt und vor allem auch gebraucht? Das ist für mich ein sehr schwieriges Thema, mit vielen Ambivalenzen. Sollten wir schon im Kindergartenalter anfangen, Kinder für politische Themen zu sensibilisieren, bspw. demokratische Entscheidungen? Oder werden die Kinder schon genug „vollgestopft“ mit allen möglichen Themen, anstatt sie einfach ihre Kindheit unbeschwert genießen zu lassen? Ist die Schule vielleicht der richtige Ort? Dann müssten allerdings auch die Lehrer entsprechend geschult werden. Außerdem ist die Schule an sich ja ein eher undemokratischer Ort mit streng hierarchischen Strukturen. Kann dort demokratisches Verständnis und gleichberechtigte Partizipation gelehrt werden? Dann bleibt u.a. noch der Beruf. Sollten sich Unternehmen für die politische Bildung ihrer Mitarbeiter einsetzen? Einerseits hat man dort auch wieder ähnliche Probleme wie in der Schule und andererseits ist im allgemeinen Verständnis ein Unterhemen nicht der richtige Ort für derartige Bildungsmaßnahmen. Die nötigen Kompetenzen sollen die Mitarbeiter doch aus Schule und Studium mitbringen.

Ich weiß die optimale Lösung auch nicht. Ich denke allerdings, dass die Fragen zu stellen schon einmal ein Weg ist, sich darüber Gedanken zu machen. Man muss so viele Stellen berücksichtigen, die alle eine Rolle bei politischer Bildung spielen. Allerdings gilt in meinen Augen für alle Kontexte, dass politische Bildung nur in der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden enstehen kann. Wie bei einem Tanz, entsteht das große Ganze erst im Zusammenspiel.

Zum Abschluss noch eine ganz persönliche Reflexion. Ich habe mir überlegt, ob ich Ansätze der politischen Bildung in meiner Jugendarbeit einsetzen könnte. Dort entsteht dann allerdings auch wieder das Problem, dass ein streng hierarchischer Sport wie Kampfsport wenig Ansatzpunkte für Mitbestimmung der Trainierenden lässt, auch wenn ich die Hierarchie nicht so streng auslebe, ist es doch so, dass ich ansage, wo es lang geht 🙂 Muss ich mir mal noch intensivere Gedanken machen. Auf jeden Fall werde ich Ideen in Kontexten, die außerhalb des trainings sind, umsetzen, bspw. bei der Kinderfreizeit mit Übernachtung.

Ein spannender Workshop, aus dem ich mit mehr Fragen als Antworten gegangen bin…….Wahrscheinlich ist das ein sehr gutes Zeichen 🙂

Written by Markus Steidle

2. Juni 2012 um 20:13

Veröffentlicht in Allgemeines, Promotion

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